Steinerkrankungen

Steinleiden jeglicher Art haben in den letzten Jahrzehnten deutlich zugenommen, unter anderem infolge  veränderter Ernährungsgewohnheiten. Das Risiko in Deutschland an Urolithiasis zu erkranken ist  4 % und kommt damit so oft vor wie  Diabetes mellitus oder Rheuma. Anders ausgedrückt, 5 von 1000 Mitbürgern bekommen jährlich erstmals einen Harnstein. Die Harnsteinerkrankung ist bei Männern 2-4 mal häufiger als bei Frauen. Der Häufigkeitsgipfel bei Männern liegt bei 35 Jahren, bei Frauen bei 30 und 55 Jahren. Kinder und Senioren erkranken selten an der Urolithiasis.

Aufgrund der menschlichen Anatomie treten in der Niere die meisten Steine in der unteren Kelchgruppe auf, da hier die Abflussverhältnisse verglichen mit allen anderen Kelchgruppen am schlechtesten sind. Es gibt so genannte physiologische Engen der Harnleiter. An diesen Punkten sind die Harnleitersteine häufiger zu beobachten. Harnblasensteine bei Männern bleiben häufiger hinter einem vergrößerten Prostataadenom liegen.

Die Beschwerdebilder bei einem Steinleiden können sehr unterschiedlich sein. Von völlig schmerzfreien Verhältnissen wie bei der stummen Niere bis hin zur hoch akuten Nierenkolik mit massivem Schmerzcharakter sind alle Beschwerden denkbar. Eine alte Urologenweisheit besagt „großer Stein, kleiner Schmerz  –  kleiner Stein, großer Schmerz“. Die Schmerzsymptomatik verändert sich  je nach Lage des Steines oft. Hierbei verursacht weniger der Stein die Schmerzsymptomatik, sondern eher der im Harnleiter oder Nierenbecken gestaute Urin. Durch Stauung kommt es zu einer Überdehnung des Harnleiters und Nierenbeckens. Diese Überdehnung aktiviert die Schmerzrezeptoren und führt zur Kolik. Häufig wird diese Symptomatik von Angstzuständen, Schwitzen und Erbrechen begleitet.

Bei der Steindiagnostik steht vor allem die Urinanalyse (Mikrohämaturie), Sonographie, sowie die röntgenologische Abklärung im Vordergrund. Wichtige Zusatzinformationen liefert die persönliche Anamnese oder Familienanamnese.

 

Therapie

Notfalltherapie: Eine akute Nierenkolik ist eine Notfallsituation. Durch suffiziente medikamentöse Therapie muss der Schmerzkreislauf durchbrochen werden. Mittel der Wahl ist hier nach wie vor Metamizol.

Steinmetaphylaxe: Harnsäuresteine und kleine Cystinsteine können durch Verabreichung geeigneter Medikamente aufgelöst werden. Hierbei steht ein Kaliumcitrat zur Verfügung. Die Erfolgsquote dieser oralen Litholyse liegt bei ca. 70 %. Der Urin-pH wird durch die Einnahme von Kaliumcitrat auf ein ph-Wert von 6,2 – 6,8 gebracht. Cystinsteine lösen sich nur schlecht auf. Zusätzlich zum Kaliumcitrat sollte die Trinkmenge auf ca. 3 Liter erhöht werden und Alphamercaptopropionylglycin zur Reduzierung der Cystinkonzentration im Urin verabreicht werden.

ESWL Therapie: Die extrakorporale Stoßwellenlithotrypsie (ESWL) wurde erstmals 1980 eingesetzt. Die Erfolgsrate nach ca. 3 Monaten nach einer oder mehrfacher Behandlung liegt bei 80 %. Die Ultraschallstoßwellen werden auf den Harnstein fokusiert. Die Stoßwellen treten nahezu ungehindert durch den Körper durch und treffen auf den Stein auf, dies führt aufgrund unterschiedlich erzeugter Druck-,  Zug- und Scherkräfte zur Zertrümmerung des Harnsteines. Im Durchschnitt wird ca. 30 – 60 Minuten behandelt, dabei werden 2000 -3000 Stoßwellen verabreicht. Die Durchführung erfolgt in Sedierung.

Ureterorenoskopische Steinentfernung: Bei der ureterorenoskopischen Steinentfernung wird in Narkose durch ein optisches Instrument der Harnleiter- oder Nierenbeckenstein direkt entfernt oder mit einem Steinlaser verdampft. Dies ist die innovativste und modernste derzeitige Technik der Steinentfernung. Das Ureterorenoskop wird über die Harnröhre durch die Blase in den Harnleiter eingeführt. Durch geeignete Führungshilfen wird dieses Instrument direkt an den Stein gebracht. Unserer Ansicht nach wird sich dieses Verfahren gegenüber der ESWL mittelfristig durchsetzen, da es zu einer primären Steinsanierung kommt, was bei der ESWL-Therapie nicht immer der Fall ist.